Donnerstag, 15. Oktober 2009

Kunde muss bei Rückforderung von Zahlungen für Klingelton-Abos das Fehlen eines Vertrages beweisen

Klagt ein Handynutzer unter Berufung auf das Fehlen eines wirksamen Vertrages auf Rückzahlung von Entgelten, die für ein Klingelton-Abo gezahlt wurden, dann muss er im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens nachweisen, dass ein solcher Vertrag tatsächlich nicht besteht.

Dies entschieden sowohl das AG Berlin-Mitte mit Urteil vom 16. Juli 2009 (Az. 106 C 94/09) als auch das AG Düsseldorf mit Urteil vom 9. März 2009 (Az. 41 C 12309/08). In beiden Fällen hatten die Inhaber des Mobiltelefonanschlusses gegen einen Anbieter von mobilen Mehrwertdiensten auf Rückerstattungen von Abogebühren mit der einfachen Behauptung geklagt, sie hätten keinen entsprechenden Vertrag mit dem Anbieter geschlossen.

Nach Ansicht der Gerichte war dieses bloße Bestreiten aber nicht ausreichend. Im Falle einer Rückzahlungsklage ist nicht etwa der Anbieter verpflichtet, einen wirksamen Vertragsschluss zu beweisen, er muss lediglich substantiiert erläutern, wie der Vertragsschluss erfolgt ist. Der Kunde trägt dann die Beweislast für das Fehlen eines Vertrages. Hierzu führt das AG Berlin-Mitte aus: „Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung ist er damit beweispflichtig dafür, dass zwischen ihm und der Beklagten als Anbieterin kein Vertrag über ein ‚Klingeltöne Paket’ zu einem Preis von 2,99 € brutto monatlich … zu Stande gekommen ist“.

Diese Entscheidungen sind dabei sachgerecht und entsprechen dem allgemeinen Grundsatz, dass der Anspruchsteller die anspruchsbegründenden Tatsachen nachweisen muss. Auch das AG Düsseldorf weist hierauf in seinem obengenannten Urteil zu Recht hin: „Wer einen Anspruch geltend macht, muss das Risiko des Prozessverlustes tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht feststellen lassen … Dieser Grundsatz gilt auch, soweit sogenannte negative Umstände anspruchsbegründend sind.“.

Vor diesem Hintergrund sollte vor einer Zahlungsklage gegen einen Klingelton-Anbieter nicht nur geprüft werden, ob ein solcher Anspruch rechtlich überhaupt besteht, sondern auch, ob das Fehlen eines Vertrages im Prozess nachgewiesen werden kann.

Mittwoch, 23. September 2009

Eltern müssen von Minderjährigem abgeschlossenes Klingelton-Abo bezahlen

Überlassen Eltern ihrem minderjährigen Kind ein Handy zur Nutzung, dann müssen sie als Anschlussinhaber grundsätzlich auch die Kosten tragen, die durch ein von dem Kind bestelltes Klingelton-Abo entstehen.

Dies entschied das AG Berlin mit Urteil vom 7. August 2009 (Az. 15 C 423/08) im Falle eines Vaters welcher gegen den Mehrwertdiensteanbieter auf Rückzahlung der Abokosten geklagt hatte. Der Kläger berief sich in diesem Zusammenhang darauf, dass seine minderjährige Tochter das Abo bestellt hat, obwohl ihr dies ausdrücklich verboten war.

Dennoch war nach Ansicht des Gerichts der Vater zur Zahlung dieser Entgelte verpflichtet, da er als Inhaber des Mobilfunkanschlusses nach § 45i IV Telekommunikationsgesetz (TKG) auch für die Kosten aufkommen muss, die dadurch entstehen, dass ein Dritter den Anschluss nutzt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Vater seiner Tochter die Bestellung von Klingeltönen ausdrücklich verboten hat. Hierzu führt das Gericht aus: „Grundsätzlich ist bei Minderjährigen damit zu rechnen, dass diese ein ihnen zur Verfügung gestelltes Vertragshandy absichtlich oder unabsichtlich auch zu Transaktionen nutzen, für welche es ihnen nicht zur Verfügung gestellt wurde. … Der Kläger konnte nicht darauf vertrauen, dass die Tochter das Handy nur weisungsgemäß nutzt, sondern musste damit rechnen, das diese z.B. den Verlockungen eines Klingeltons nicht widerstehen kann.“

Nachdem das AG Berlin-Mitte noch im Juli 2008 in einem vielbeachteten Urteil entschied, dass keine Zahlungspflicht gegen den Mehrwertdiensteanbieter besteht, hat das Gericht diese Ansicht nunmehr unter Berücksichtigung der telekommunikationsrechtlichen Vorgaben revidiert. Eine Zahlungspflicht der Eltern soll nur dann nicht bestehen, wenn diese ausreichende Sicherungsmaßnahmen getroffen haben.

Grundsätzlich ist diese Entscheidung auch sachgerecht, ansonsten könnten Eltern einer Zahlungspflicht für ihre Telefonrechung einfach mit dem Hinweis entgehen, dass ihr Kind das Telefon genutzt hat. Nachdem im Anschluss an die frühere Rechtsansicht des AG Berlin-Mitte zahlreiche Kunden rechtliche Schritte gegen Klingelton-Anbieter eingeleitet haben, ist damit zu rechnen, dass ein Großteil dieser Klagen nunmehr mangels Erfolgsaussichten zurückgenommen wird. Nachdem insbesondere das AG Düsseldorf schon seit längerem von einer Zahlungspflicht der Eltern ausgeht, ist es zu begrüßen, dass das aktuelle Urteil des AG Berlin-Mitte nun zu einer weiteren Vereinheitlichung der diesbezüglichen Rechtsprechung und damit zu einer größeren Rechtssicherheit beiträgt.

Verwendung des ® – Zeichens ohne Markeneintragung wettbewerbswidrig

Verwendet ein Unternehmen in der Werbung eine Bezeichnung zusammen mit dem Zusatz „®“ obwohl es für den betreffenden Begriff überhaupt keine Markenrechte hat, so ist dies regelmäßig eine wettbewerbsrechtliche Irreführung.

Dies entschied der BGH mit Urteil vom 26.02.2009 (Az. I ZR 219/06) im Falle eines Unternehmens, das die Bezeichnung „Thermoroll®“ in seiner Werbung benutzt, ohne Inhaber einer solchen Marke zu sein oder zumindest aufgrund eines Lizenzvertrages zur Nutzung einer solchen Marke berechtigt zu sein.

Bei der Verwendung des ®-Zeichen erwartet nach Ansicht der Richter die angesprochen Zielgruppe, dass der betreffende Begriff auch als Marke für den Verwender eingetragen ist oder der Verwender mit dem Markeninhaber einen Vertrag über die Nutzung geschlossen hat. Lediglich sehr geringe Abweichungen des genutzten Begriffs von einer eingetragenen Marke sollen aus Sicht des BGH unschädlich sein, wenn z.B. ein Buchstabe hinzugefügt oder verdoppelt wird, ohne dass dies Einfluss auf die Aussprache oder eine begriffliche Bedeutung hat. In dem entschiedenen Fall war diese Grenze durch eine Abwandlung von „Termorol“ in „Thermoroll“ jedoch bereits überschritten.

Grundsätzlich ist in Deutschland die Kennzeichnung von Marken mit dem ®-Zeichen rechtlich nicht erforderlich, da die Markeneintragung allein für den Schutz ausreicht. Wenn dieses Zeichen aber verwendet werden soll, dann sollte sichergestellt sein, dass die entsprechende Marke auch tatsächlich für die jeweiligen Waren und Dienstleistungen eingetragen ist.

Dienstag, 4. August 2009

Handy-Ortung nur noch mit schriftlicher Einwilligung zulässig

Dienste, bei denen Standortdaten von Mobiltelefonen an Dritte weitergegeben werden, sind ab sofort nur noch dann zulässig, wenn der Inhaber des zu ortenden Handys seine Zustimmung in schriftlicher Form gegeben hat.

Eine entsprechende Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) wurde am 4.8.2009 wirksam. Betroffen von der Neuregelung in § 98 Abs. 1 TKG sind insbesondere alle Dienste, die es dem Nutzer ermöglichen, das Handy eines Dritten zu orten. Bei solchen Angeboten genügt eine Einwilligung z.B. per SMS nun nicht mehr. Selbst eine Zustimmung per E-Mail ist nur dann wirksam, wenn der Absender über eine digitale Signatur verfügt.

Außerdem ist der Diensteanbieter ab sofort verpflichtet, den Nutzer spätestens nach jeder 5. Ortung per SMS über die Zahl der erfolgten Ortungen zu informieren.

Von der Gesetzesänderung nicht betroffen sind dagegen Lokalisierungsdienste, bei denen die Standortdaten nur im Verhältnis Diensteanbieter – Handynutzer verwendet und nicht an Dritte übermittelt werden, wie beispielsweise im Falle von Navigationsdiensten oder Angeboten, bei denen dem Nutzer der Standort des nächstgelegenen Geldautomaten angezeigt wird. Für diese Dienste ist nach wie vor eine Zustimmung in elektronischer Form ausreichend.

Die gesetzliche Neuregelung hat jedoch nur Auswirkungen auf zukünftig vom Nutzer erteilte Einwilligungen. Vor Inkrafttreten der Änderung erteilte Zustimmungen bleiben auch dann wirksam, wenn sie nicht schriftlich (also z.B. per SMS) erteilt wurden.

Montag, 3. August 2009

Fehlende Pflichtangaben im Website-Impressum begründen Wettbewerbsverstoß

Fehlen die gesetzlich geforderten Pflichtangaben im Impressum einer Internetseite, so stellt dies einen nicht nur unerheblichen Wettbewerbsverstoß dar, der von Mitbewerbern abgemahnt werden kann.

Dies entschied das OLG Hamm in seinem Urteil vom 2.4.2009 (Az. 4 U 213/08) im Falle des Betreibers einer gewerblichen Website, der im Impressum weder das Handelsregister noch die Handelsregisternummer sowie die Umsatzsteueridentifikationsnummer (Umsatzsteuer-ID) angegeben hatte.

Nach Ansicht des Gerichts dienen die Pflichtangaben gemäß § 5 Abs. 1 TMG in erster Linie dem Verbraucherschutz und der Transparenz von Internetangeboten. Was die Angabe des Handelsregisters und der Handelsregisternummer anbelangt, so ist deren Fehlen schon deshalb kein Bagatellverstoß, da hierdurch nicht nur der Anbieter identifiziert werden kann, sondern sich hieraus auch die gesellschaftsrechtlichen Haftungsgrundlagen ergeben. Beides ist für den Verbraucher, der Rechte gegenüber dem Anbieter geltend machen möchte, von großer Bedeutung.

Aber auch das Fehlen der Umsatzsteuer-ID, die für den Verbraucher regelmäßig kaum relevant ist, wurde als erheblicher Wettbewerbsverstoß angesehen. Auch wenn das OLG Hamm einräumt, dass diese Angabe weniger dem Verbraucherschutz dient, so verwiesen die Richter darauf, dass § 5 TMG europarechtliche Vorgaben umsetzt und die entsprechende EU-Richtlinie auch die Umsatzsteuer-ID als wesentliche Information ansieht. Vor diesem Hintergrund verbietet sich nach Meinung des Gerichts eine Unterscheidung der einzelnen Pflichtangaben gemäß § 5 TMG in „wesentliche“ und „unwesentliche“ Pflichten durch die Gerichte.

Zwar ist die Rechtsansicht des OLG Hamm – insbesondere hinsichtlich der Erheblichkeit der Angabe der Umsatzsteuer-ID – durchaus diskussionswürdig, letztlich können diesbezügliche rechtliche Auseinandersetzungen aber von vornherein vermieden werden, wenn auf einer Website ein vollständiges und aktuelles Impressum verfügbar ist.

Unwirksamkeit einer vorformulierten Einwilligung zur Telefonwerbung

OLG Köln - Urteil vom 29. April 2009 (Az. 6 U 218/08)

Eine vorformulierte Einwilligungserklärung, mit der ein Verbraucher seine Zustimmung zu Werbeanrufen erteilt, ist dann unwirksam, wenn diese zu allgemein und unbestimmt formuliert ist.

Dies entschied das OLG Köln in seinem Urteil vom 29.4.2009 (Az. 6 U 218/08) bezüglich einer Einwilligungserklärung, in der sich der Verbraucher pauschal damit einverstanden erklärte, telefonisch über „interessante Angebote“ des Anbieters selbst sowie von „Dritten und Partnerunternehmen“ informiert zu werden.

Nachdem Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern wettbewerbsrechtlich nur mit der vorherigen Einwilligung des Angerufenen zulässig ist, nutzen viele Unternehmen vorformulierte Erklärungen, die der Kunden nur noch ankreuzen bzw. unterschreiben muss. Wie die Kölner Richter jedoch feststellten, muss eine solche vorgegebene Erklärung inhaltlich zumindest so konkret sein, dass für den Kunden absehbar ist, welche Art der Werbung er erhalten wird. Außerdem muss der Kreis der Werbenden, für die diese Einwilligung gelten soll, so transparent bezeichnet sein, dass der Verbraucher erkennt, wer sich ihm gegenüber auf diese Einwilligung berufen kann. Erfüllt eine Einwilligungserklärung diese Voraussetzungen nicht, so ist diese unwirksam, so dass Werbeanrufe selbst dann rechtswidrig sind, wenn der Kunde die Klausel ausdrücklich akzeptiert hat.

Das OLG Köln betont in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass auch die Möglichkeit für den Verbraucher, seine Einwilligung jederzeit zu widerrufen, im Falle der fehlenden Transparenz der vorgegebenen Einwilligungserklärung nichts an der Unwirksamkeit ändert.

Gerade wenn das erforderliche „Opt-In“ des Verbrauchers – wie in den meisten Fällen in der Praxis –durch eine vorgegebene Erklärung eingeholt wird, ist es daher wichtig, diese Erklärung sorgfältig zu formulieren. Einerseits soll dabei dem Bedürfnis des werbenden Unternehmens Rechnung getragen werden, eine möglichst umfassende Einwilligungserklärung seiner Kunden zu Werbemaßnahmen zu erhalten, anderseits muss verhindert werden, dass die Erklärung wegen fehlender Transparenz komplett unwirksam ist. Da diese Grenze durchaus fließend ist und es sehr auf den individuellen Einzelfall ankommt, empfiehlt es sich, diesbezüglich im Vorfeld rechtlichen Rat einzuholen.

Dienstag, 21. Juli 2009

Aktionen wie „Jeder 100. Einkauf gratis“ sind wettbewerbsrechtlich zulässig

Eine Werbeaktion, bei der zufällig ausgewählte Kunden ihren Einkauf gratis erhalten, kann wettbewerbsrechtlich zulässig sein.

Dies entschied der BGH in seinem Urteil vom 22.1.2009 (Az. I ZR 31/06) im Falle eines Supermarktes, der damit warb, dass in einem bestimmten Zeitraum jeder 100. Kunde seinen Einkauf gratis erhält. In diesem Zusammenhang stellte das Gericht fest, dass es sich bei einer derartigen Aktion nicht um eine – grundsätzlich rechtswidrige – Kopplung eines Gewinnspiels mit dem Verkauf einer Ware handelt, da der Kunde keinen gesonderten Preis gewinnen kann sondern der Supermarkt bei bestimmten Kunden lediglich auf den Kaufpreis verzichtet. Nach Ansicht der Richter besteht bei einer solchen Werbung auch nicht die Gefahr, dass die Kunden nicht mehr frei entscheiden, was und wie viel sie kaufen, sondern sich nur noch von der Chance leiten lassen, den Einkauf gratis zu erhalten. Gerade angesichts der erkennbar geringen Gewinnchance kann von einer solchen unsachlichen Beeinflussung der Kaufentscheidung in dem entschiedenen Fall nicht ausgegangen werden. Zumindest wird nach Ansicht des BGH durch die Chance eines Gratiseinkaufs „die Rationalität der Kaufentscheidung nicht völlig in den Hintergrund gedrängt“.

Damit zeigt sich einmal mehr, dass die Rechtsprechung bei der Beurteilung von Werbemaßnahmen verstärkt davon ausgeht, dass der Durchschnittsverbraucher durchaus mündig und aufgeklärt ist, um mit derartigen Gewinnanreizen umgehen zu können. Gerade im Werbebereich sind daher auch neue und innovative Marketingaktionen durchaus rechtlich umsetzbar, wobei sich hier schon bei der Entwicklung eine enge Zusammenarbeit mit einem rechtlichen Berater empfiehlt.

Montag, 20. Juli 2009

Zahlreiche Abmahnungen durch Kleingewerbetreibenden können rechtsmissbräuchlich sein

Mahnt ein Gewerbetreibender einen Mitbewerber in einem solchen Umfang ab, dass das Kostenrisiko dieser Abmahnungen erheblich höher ist, als der Umsatz des Abmahnenden, dann sind derartige Abmahnungen als rechtsmissbräuchlich anzusehen.

In dem vom LG Bochum mit Urteil vom 7.4.2009 (Az. I-12 O 20/09) entschiedenen Fall hatte ein nebenberuflicher Anbieter von Tiernahrung im Internet innerhalb eines Jahres 4 Abmahnungen durch seinen Anwalt aussprechen lassen. Angesichts eines Gesamt-Jahresumsatzes des Abmahnenden von unter € 2.500,00, ging das Landgericht davon aus, dass es bei den Abmahnungen nicht (nur) um die Ahndung wettbewerbswidriger Werbung ging, sondern in erster Linie um die Generierung von Rechtsanwaltskosten für den Anwalt. Für dieses Ergebnis sprach nach Ansicht der Richter auch, dass die gerügten Rechtsverstöße nicht so gravierend waren, dass sie den Geschäftsbetrieb des Abmahnenden unmittelbar gefährdet hätten. Schließlich war auch die Tatsache, dass ohne erkennbaren Grund ein weit vom Sitz des Abmahnenden entfernt ansässiger Anwalt beauftragt wurde, ein weiteres Indiz, dass die Abmahnungen durch sachfremde Motive motiviert waren.

Da ein wirtschaftlich denkender Unternehmer keine Abmahnungen in diesem Umfang hätte aussprechen lassen, sahen die Richter die Abmahnung als rechtsmissbräuchlich an und hoben eine bereits ergangene einstweilige Verfügung auf.

Nachdem wettbewerbsrechtliche Abmahnungen in der Vergangenheit immer häufiger weniger Mittel zu Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs waren, sondern teilweise, „Gelddruckmaschinen“ für Anwälte, ist dieses Urteil ein weiterer Schritt zur Unterbindung der rechtsmissbräuchlichen Nutzung von Abmahnungen. Bei Erhalt einer Abmahnung sollte daher nicht nur die Frage geprüft werden, ob tatsächlich ein wettbewerbswidriges Verhalten besteht. Es sollte stets auch geprüft werden, ob die Abmahnung möglicherweise unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs zurückgewiesen werden kann.

Informationspflichten bei Gutschein-Werbung

Übersendet ein Unternehmen im Rahmen einer Werbemaßnahme Gutscheine mit denen ein Preisnachlass beim Kauf der beworbenen Ware erlangt werden kann, so kann es an der erforderlichen Transparenz des Angebotes fehlen, wenn der Kunde keine Vorstellung davon hat, wie viel die beworbenen Produkte kosten, wie groß also der Preisnachlass ist.

In dem vom OLG Hamm mit Urteil vom 29.01.2009 (Az. 4 U 154/08) entschiedenen Fall hatte ein Anbieter von Treppenlifts mit einem 900 €-Gutschein geworben, der beim Neu-Kauf eines Treppenlifts einlösbar war. In der fraglichen Werbung waren zwar die Bedingungen für eine Einlösung, wie z.B. der Einlösezeitraum genannt. Dennoch erachteten die Richter die Gutscheinwerbung als wettbewerbswidrig, da die angesprochenen Verbraucher in der Regel keine Vorstellung haben, wie viel ein Treppenlift kostet, so dass ihnen jegliche Bezugsgröße fehlt, um den eigentlichen Wert des Preisnachlasses beurteilen zu können. Dass die Verbraucher die Informationen über den zu erwartenden Preis auf andere Weise ermitteln können, reicht dabei nicht aus.

Um eine klare und eindeutige Einschätzung des Preisnachlasses zu ermöglichen, ist daher aus Sicht des OLG Hamm die Angabe des Preises der beworbenen Ware zumindest der Größenordnung nach in der Werbung selbst erforderlich.

Hinsichtlich dieser Entscheidung ist jedoch zu beachten, dass diese unter anderem darauf beruht, dass es sich bei einem Treppenlift um ein Produkt handelt, mit dessen Preis der Verbraucher kaum vertraut sein wird. Bei anderen Waren (Autos, Küchen) kann dies durchaus anders aussehen, so dass beim Einsatz von Gutscheinen in der Werbung in jedem Einzelfall geprüft werden muss, welche inhaltlichen Anforderungen an die Werbung zu stellen sind.

Montag, 27. April 2009

Kein unbeschränkter Abschlusszwang der GEMA

Aufgrund ihrer Monopolstellung in Deutschland für die Wahrnehmung bestimmter Nutzungsrechte an Musikwerken, ist die GEMA grundsätzlich verpflichtet, diese Rechte jedem Interessenten im Rahmen eines Lizenzvertrages einzuräumen. Dieser Abschlusszwang besteht jedoch nicht ohne Ausnahme, wie der BGH mit Urteil vom 22. April 2009 (Az. I ZR 5/07) entschied.
Nach Ansicht des Gerichts ist die GEMA nicht zur Rechteeinräumung verpflichtet, wenn eine missbräuchliche Ausnutzung ihrer Monopolstellung von vornherein ausscheidet und die Verwertungsgesellschaft dem Verlangen auf Einräumung von Nutzungsrechten vorrangige berechtigte Interessen entgegenhalten kann.
In dem entschiedenen Fall plante der Kläger, eine CD mit Musikaufnahmen eines deutschen Künstlers zu veröffentlichen, der an diesen Songs sowohl als Sänger als auch als Komponist beteiligt war. Vor diesem Hintergrund benötigte der Kläger neben den von der GEMA wahrgenommenen Rechten an den Musikwerken zusätzlich die Zustimmung des Künstlers als Sänger der Aufnahmen. Da sich der Künstler weigerte, diese Zustimmung zu erteilen, verweigerte auch die GEMA die Einräumung der von ihr wahrgenommenen Nutzungsrechte.
Da der Kläger wegen der Weigerung des Künstlers die Musikaufnahmen keinesfalls rechtmäßig nutzen konnten, war aus Sicht des BGH ein berechtigtes Interesse der GEMA gegeben, auch ihrerseits die Rechteeinräumung zu verweigern.
Diesbezüglich ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch angesichts dieses Urteils ein Weigerungsrecht der GEMA die Ausnahme bleibt und in der Regel die Pflicht besteht, einem Interessenten die wahrgenommenen Rechte auf Wunsch einzuräumen. Im Falle einer Weigerung der GEMA ist daher genau zu prüfen, ob tatsächlich ein berechtigtes Interesse vorliegt.

Donnerstag, 23. April 2009

Online-Videorecorder regelmäßig urheberrechtswidrig

Bislang boten mehrere Anbieter im Internet die Nutzung sogenannter Online-Videorecorder an. Dabei hat der Kunde die Möglichkeit Sendungen aus dem Programm der TV-Sender auszuwählen, die dann von dem Anbieter in einem internetbasierten Videorekorder des Kunden gespeichert werden. Hierbei handelt es sich um einen dem Kunden zugewiesenen Speicherplatz auf dem Server des Anbieters. Der Kunde hat dann die Möglichkeit, die aufgezeichnete Sendung über das Internet zu einer beliebigen Zeit anzusehen.

Ein solcher Service ist nach dem Urteil des BGH vom 22. April 2009 (Az. I ZR 216/06) rechtswidrig. Zwar hoben die Richter das Urteil der Vorinstanzen auf und verwiesen die Angelegenheit an das Berufungsgericht zurück. Grund hierfür sind fehlende Feststellungen, ob bei dem fraglichen Dienst der Anbieter oder dessen Kunden (im Rahmen eines vollständig automatisierten Verfahrens) die TV-Sendungen mit Online-Videorecordern aufzeichnen.

Allerdings stellte der BGH bereits jetzt klar, dass in beiden Fällen von der Rechtswidrigkeit des Angebotes auszugehen ist. Speichert der Anbieter TV-Sendungen für den Kunden so ist das Recht der Fernsehsender verletzt, ihre Sendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. Da der Anbieter für seine Leistungen Geld verlangt, greift hier auch nicht das Recht der Kunden, Aufzeichnungen zum privaten Gebrauch herzustellen. Im Falle der Variante eines vollständig automatisierten Aufzeichnungsverfahrens könnte demgegenüber der jeweilige Kunde als Hersteller der Aufzeichnung anzusehen sein. Dabei würde zwar der Kunde rechtmäßig handeln, auf Seiten des Anbieters, der die Sendungen per Satellit empfängt und an die Online-Videorekorder der Kunden weiterleitet, ist aber eine Verletzung des Rechts der TV-Sender gegeben, ihre Sendungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Aufgrund dieser Erwägungen des BGH ist damit zu rechnen, dass das Berufungsgericht, der Klage des TV-Senders stattgeben und Online-Videorekorder für unzulässig erklären wird.

Mittwoch, 22. April 2009

Namensrecht besteht auch bezüglich außergewöhnlicher Vornamen

Neben dem vollständigen Namen einer Person genießt auch allein der Vorname dann Schutz, wenn dieser so ungewöhnlich ist, dass er als kennzeichnungskräftig anzusehen ist. Dies entschied der BGH mit Urteil vom 23. Oktober 2008 (Az. I ZR 11/06) in einer Domainstreitigkeit. Die Beklagte Domaininhaberin, die den Vornamen ‚Raule’ trägt, hatte sich über einen Dritten die Domain http://www.raule.de/ registrieren lassen. Der Kläger in diesem Verfahren trug den identischen Nachnamen und begehrte die Freigabe der Domain.
Wie das Gericht ausführte ist ein eigenständiger Schutz des Vornamens gegeben wenn entweder eine überragende Bekanntheit der betreffenden Person oder aber eine erhebliche Kennzeichnungskraft des Vornamens vorliegt. Ist ein Vorname – wie im entschiedenen Fall sehr ausgefallen, so ist die für einen namensrechtlichen Schutz erforderliche Kennzeichnungskraft nach Ansicht der Richter auch dann gegeben, wenn der Namensträger keine überragend bekannte Person ist.

Montag, 20. April 2009

Vergütungsanspruch des Anwalts bei Entwurf eines Abschlussschreibens

Gerade im Bereich des Wettbewerbsrechts, Markenrechts und Urheberrechts wird häufig zunächst eine einstweilige Verfügung beantragt, um die Rechtsverletzung schnellstmöglich zu beenden. Da eine solche einstweilige Verfügung nur eine vorläufige Regelung hinsichtlich des Streitgegenstandes darstellt, muss sich danach die eigentliche Klage (idR. eine Unterlassungsklage) anschließen. Dies ist jedoch dann nicht erforderlich, wenn der Antragsgegner, d.h. der Rechtsverletzer, ausdrücklich die einstweilige Verfügung als bindende und endgültige Regelung der Streitfrage anerkennt und auf Rechtmittel gegen die einstweilige Verfügung verzichtet. Ein solches Anerkenntnis wird als Abschlussschreiben bezeichnet. Vor Erhebung der Hauptsacheklage ist es daher zweckmäßig, den Gegner zunächst aufzufordern, ein solches Abschlussschreiben zu unterzeichnen.

Wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 12. März 2009 (Az. IX ZR 10/08) bestätigte, ist diese Aufforderung, mit der zusammen regelmäßig bereits ein Entwurf eines solchen Abschlussschreibens übersandt wird, nicht von den Gebühren, die der Rechtsanwalt für sein Tätigwerden im einstweiligen Verfügungsverfahren erhält, abgegolten. Diese Tätigkeit gehört nach Ansicht des BGH, sachlich vielmehr bereits zum Hauptsacheprozess und damit zu einer nach § 17 Nr. 4 Buchstabe b RVG vom Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verschiedenen Angelegenheit.

Die Zuordnung des Abschlussschreibens zum Hauptsacheverfahren setzt dabei nicht voraus, dass der Anwalt bereits beauftragt ist, die Hauptsacheklage zu erheben. Es reicht aus, dass der Mandant dem Rechtsanwalt einen über die Vertretung im einstweiligen Verfügungsverfahren hinausgehenden Auftrag erteilt hat. Nur wenn sich der dem Anwalt erteilte Auftrag auf das einstweilige Verfügungsverfahren beschränkt, betrifft die Tätigkeit des Anwalts insgesamt nur eine einheitliche Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn.

Wird einem Mandanten ein Rechtsanwaltshonorar für den Entwurf eines Abschlussschreibens in Rechnung gestellt, so sollte seitens des Mandanten als Auftraggeber daher geprüft werden, ob der Anwalt auch tatsächlich mit Leistungen beauftragt wurde, die über die Vertretung im einstweiligen Verfügungsverfahren hinausgehen.

Donnerstag, 16. April 2009

Ex-Stasi-IMB muss Veröffentlichung von historischem Bild mit Namen hinnehmen

Wird im Internet im Zusammenhang mit einer Dokumentation über die Aktivitäten der Stasi berichtet, so muss ein früherer Stasi-IMB die Veröffentlichung eines historischen Fotos mit Namensnennung hinnehmen.

Wie das LG München I mit Urteil vom 15. April 2009 (Az. 9 O 1277/09) entschied, geht bei der „Aufarbeitung historischer Ereignisse und der Ermittlung der geschichtlichen Wahrheit“ die allgemeine Meinungs-, Informations- und Wissenschaftsfreiheit den Interessen des früheren Stasi-IMB am Schutz seiner Privatsphäre vor. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich - wie im entschiedenen Fall - um ein historisches Bilddokument handelt und der Betroffene als IMB im Vergleich zu anderen IM eine hervorgehobene Stellung in der DDR hatte.

Obwohl das Gericht in diesem Falle, die Meinungsfreiheit höher bewertete als die Interessen des Betroffenen, bedeutet dies nicht, dass die Veröffentlichung von Fotos mit oder ohne Namensnennung in jedem Falle zulässig ist. Es ist vielmehr in jedem Einzelfall eine Abwägung zwischen den beiderseitigen Interessen vorzunehmen, so dass in anderen Fällen durchaus die Belange der auf dem Foto dargestellten Person überwiegen können. In dem aktuell entschiedenen Fall jedoch führte „gerade die Besonderheit des Augenblicks und die Funktion, die der Kläger seinerzeit eingenommen hatte“ dazu, dass die Bildveröffentlichung sogar mit Namensnennung rechtmäßig war.

Mittwoch, 15. April 2009

Gegenabmahnung grundsätzlich zulässig

Wird ein Unternehmen wegen eines Wettbewerbsverstoßes von einem Mitbewerber abgemahnt, so führt dies nicht selten dazu, dass das abgemahnte Unternehmen seinerseits die Geschäftstätigkeit des Abmahnenden auf mögliche Verstöße hin überprüft. In manchen Fällen erfolgt dann eine Gegenabmahnung, in der Rechtsverstöße des Mitbewerbers geltend gemacht werden.

Dass eine solche Gegenabmahnung grundsätzlich zulässig ist, entschied das OLG Frankfurt in seinem Beschluss vom 5. Dezember 2008 (Az. 6 W 157/08). Nach Ansicht der Richter rechtfertigt allein der Umstand, dass eine Abmahnung die Reaktion auf eine zuvor durch den Mitbewerber erfolgte Abmahnung ist, nicht die Annahme, dass die Gegenabmahnung unter sachfremdem Gesichtspunkten erfolgte.

Vor diesem Hintergrund stellte das Gericht klar, dass eine Gegenabmahnung nicht generell als rechtsmissbräuchlich angesehen werden kann.