Montag, 27. April 2009

Kein unbeschränkter Abschlusszwang der GEMA

Aufgrund ihrer Monopolstellung in Deutschland für die Wahrnehmung bestimmter Nutzungsrechte an Musikwerken, ist die GEMA grundsätzlich verpflichtet, diese Rechte jedem Interessenten im Rahmen eines Lizenzvertrages einzuräumen. Dieser Abschlusszwang besteht jedoch nicht ohne Ausnahme, wie der BGH mit Urteil vom 22. April 2009 (Az. I ZR 5/07) entschied.
Nach Ansicht des Gerichts ist die GEMA nicht zur Rechteeinräumung verpflichtet, wenn eine missbräuchliche Ausnutzung ihrer Monopolstellung von vornherein ausscheidet und die Verwertungsgesellschaft dem Verlangen auf Einräumung von Nutzungsrechten vorrangige berechtigte Interessen entgegenhalten kann.
In dem entschiedenen Fall plante der Kläger, eine CD mit Musikaufnahmen eines deutschen Künstlers zu veröffentlichen, der an diesen Songs sowohl als Sänger als auch als Komponist beteiligt war. Vor diesem Hintergrund benötigte der Kläger neben den von der GEMA wahrgenommenen Rechten an den Musikwerken zusätzlich die Zustimmung des Künstlers als Sänger der Aufnahmen. Da sich der Künstler weigerte, diese Zustimmung zu erteilen, verweigerte auch die GEMA die Einräumung der von ihr wahrgenommenen Nutzungsrechte.
Da der Kläger wegen der Weigerung des Künstlers die Musikaufnahmen keinesfalls rechtmäßig nutzen konnten, war aus Sicht des BGH ein berechtigtes Interesse der GEMA gegeben, auch ihrerseits die Rechteeinräumung zu verweigern.
Diesbezüglich ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch angesichts dieses Urteils ein Weigerungsrecht der GEMA die Ausnahme bleibt und in der Regel die Pflicht besteht, einem Interessenten die wahrgenommenen Rechte auf Wunsch einzuräumen. Im Falle einer Weigerung der GEMA ist daher genau zu prüfen, ob tatsächlich ein berechtigtes Interesse vorliegt.

Donnerstag, 23. April 2009

Online-Videorecorder regelmäßig urheberrechtswidrig

Bislang boten mehrere Anbieter im Internet die Nutzung sogenannter Online-Videorecorder an. Dabei hat der Kunde die Möglichkeit Sendungen aus dem Programm der TV-Sender auszuwählen, die dann von dem Anbieter in einem internetbasierten Videorekorder des Kunden gespeichert werden. Hierbei handelt es sich um einen dem Kunden zugewiesenen Speicherplatz auf dem Server des Anbieters. Der Kunde hat dann die Möglichkeit, die aufgezeichnete Sendung über das Internet zu einer beliebigen Zeit anzusehen.

Ein solcher Service ist nach dem Urteil des BGH vom 22. April 2009 (Az. I ZR 216/06) rechtswidrig. Zwar hoben die Richter das Urteil der Vorinstanzen auf und verwiesen die Angelegenheit an das Berufungsgericht zurück. Grund hierfür sind fehlende Feststellungen, ob bei dem fraglichen Dienst der Anbieter oder dessen Kunden (im Rahmen eines vollständig automatisierten Verfahrens) die TV-Sendungen mit Online-Videorecordern aufzeichnen.

Allerdings stellte der BGH bereits jetzt klar, dass in beiden Fällen von der Rechtswidrigkeit des Angebotes auszugehen ist. Speichert der Anbieter TV-Sendungen für den Kunden so ist das Recht der Fernsehsender verletzt, ihre Sendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. Da der Anbieter für seine Leistungen Geld verlangt, greift hier auch nicht das Recht der Kunden, Aufzeichnungen zum privaten Gebrauch herzustellen. Im Falle der Variante eines vollständig automatisierten Aufzeichnungsverfahrens könnte demgegenüber der jeweilige Kunde als Hersteller der Aufzeichnung anzusehen sein. Dabei würde zwar der Kunde rechtmäßig handeln, auf Seiten des Anbieters, der die Sendungen per Satellit empfängt und an die Online-Videorekorder der Kunden weiterleitet, ist aber eine Verletzung des Rechts der TV-Sender gegeben, ihre Sendungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Aufgrund dieser Erwägungen des BGH ist damit zu rechnen, dass das Berufungsgericht, der Klage des TV-Senders stattgeben und Online-Videorekorder für unzulässig erklären wird.

Mittwoch, 22. April 2009

Namensrecht besteht auch bezüglich außergewöhnlicher Vornamen

Neben dem vollständigen Namen einer Person genießt auch allein der Vorname dann Schutz, wenn dieser so ungewöhnlich ist, dass er als kennzeichnungskräftig anzusehen ist. Dies entschied der BGH mit Urteil vom 23. Oktober 2008 (Az. I ZR 11/06) in einer Domainstreitigkeit. Die Beklagte Domaininhaberin, die den Vornamen ‚Raule’ trägt, hatte sich über einen Dritten die Domain http://www.raule.de/ registrieren lassen. Der Kläger in diesem Verfahren trug den identischen Nachnamen und begehrte die Freigabe der Domain.
Wie das Gericht ausführte ist ein eigenständiger Schutz des Vornamens gegeben wenn entweder eine überragende Bekanntheit der betreffenden Person oder aber eine erhebliche Kennzeichnungskraft des Vornamens vorliegt. Ist ein Vorname – wie im entschiedenen Fall sehr ausgefallen, so ist die für einen namensrechtlichen Schutz erforderliche Kennzeichnungskraft nach Ansicht der Richter auch dann gegeben, wenn der Namensträger keine überragend bekannte Person ist.

Montag, 20. April 2009

Vergütungsanspruch des Anwalts bei Entwurf eines Abschlussschreibens

Gerade im Bereich des Wettbewerbsrechts, Markenrechts und Urheberrechts wird häufig zunächst eine einstweilige Verfügung beantragt, um die Rechtsverletzung schnellstmöglich zu beenden. Da eine solche einstweilige Verfügung nur eine vorläufige Regelung hinsichtlich des Streitgegenstandes darstellt, muss sich danach die eigentliche Klage (idR. eine Unterlassungsklage) anschließen. Dies ist jedoch dann nicht erforderlich, wenn der Antragsgegner, d.h. der Rechtsverletzer, ausdrücklich die einstweilige Verfügung als bindende und endgültige Regelung der Streitfrage anerkennt und auf Rechtmittel gegen die einstweilige Verfügung verzichtet. Ein solches Anerkenntnis wird als Abschlussschreiben bezeichnet. Vor Erhebung der Hauptsacheklage ist es daher zweckmäßig, den Gegner zunächst aufzufordern, ein solches Abschlussschreiben zu unterzeichnen.

Wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 12. März 2009 (Az. IX ZR 10/08) bestätigte, ist diese Aufforderung, mit der zusammen regelmäßig bereits ein Entwurf eines solchen Abschlussschreibens übersandt wird, nicht von den Gebühren, die der Rechtsanwalt für sein Tätigwerden im einstweiligen Verfügungsverfahren erhält, abgegolten. Diese Tätigkeit gehört nach Ansicht des BGH, sachlich vielmehr bereits zum Hauptsacheprozess und damit zu einer nach § 17 Nr. 4 Buchstabe b RVG vom Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verschiedenen Angelegenheit.

Die Zuordnung des Abschlussschreibens zum Hauptsacheverfahren setzt dabei nicht voraus, dass der Anwalt bereits beauftragt ist, die Hauptsacheklage zu erheben. Es reicht aus, dass der Mandant dem Rechtsanwalt einen über die Vertretung im einstweiligen Verfügungsverfahren hinausgehenden Auftrag erteilt hat. Nur wenn sich der dem Anwalt erteilte Auftrag auf das einstweilige Verfügungsverfahren beschränkt, betrifft die Tätigkeit des Anwalts insgesamt nur eine einheitliche Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn.

Wird einem Mandanten ein Rechtsanwaltshonorar für den Entwurf eines Abschlussschreibens in Rechnung gestellt, so sollte seitens des Mandanten als Auftraggeber daher geprüft werden, ob der Anwalt auch tatsächlich mit Leistungen beauftragt wurde, die über die Vertretung im einstweiligen Verfügungsverfahren hinausgehen.

Donnerstag, 16. April 2009

Ex-Stasi-IMB muss Veröffentlichung von historischem Bild mit Namen hinnehmen

Wird im Internet im Zusammenhang mit einer Dokumentation über die Aktivitäten der Stasi berichtet, so muss ein früherer Stasi-IMB die Veröffentlichung eines historischen Fotos mit Namensnennung hinnehmen.

Wie das LG München I mit Urteil vom 15. April 2009 (Az. 9 O 1277/09) entschied, geht bei der „Aufarbeitung historischer Ereignisse und der Ermittlung der geschichtlichen Wahrheit“ die allgemeine Meinungs-, Informations- und Wissenschaftsfreiheit den Interessen des früheren Stasi-IMB am Schutz seiner Privatsphäre vor. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich - wie im entschiedenen Fall - um ein historisches Bilddokument handelt und der Betroffene als IMB im Vergleich zu anderen IM eine hervorgehobene Stellung in der DDR hatte.

Obwohl das Gericht in diesem Falle, die Meinungsfreiheit höher bewertete als die Interessen des Betroffenen, bedeutet dies nicht, dass die Veröffentlichung von Fotos mit oder ohne Namensnennung in jedem Falle zulässig ist. Es ist vielmehr in jedem Einzelfall eine Abwägung zwischen den beiderseitigen Interessen vorzunehmen, so dass in anderen Fällen durchaus die Belange der auf dem Foto dargestellten Person überwiegen können. In dem aktuell entschiedenen Fall jedoch führte „gerade die Besonderheit des Augenblicks und die Funktion, die der Kläger seinerzeit eingenommen hatte“ dazu, dass die Bildveröffentlichung sogar mit Namensnennung rechtmäßig war.

Mittwoch, 15. April 2009

Gegenabmahnung grundsätzlich zulässig

Wird ein Unternehmen wegen eines Wettbewerbsverstoßes von einem Mitbewerber abgemahnt, so führt dies nicht selten dazu, dass das abgemahnte Unternehmen seinerseits die Geschäftstätigkeit des Abmahnenden auf mögliche Verstöße hin überprüft. In manchen Fällen erfolgt dann eine Gegenabmahnung, in der Rechtsverstöße des Mitbewerbers geltend gemacht werden.

Dass eine solche Gegenabmahnung grundsätzlich zulässig ist, entschied das OLG Frankfurt in seinem Beschluss vom 5. Dezember 2008 (Az. 6 W 157/08). Nach Ansicht der Richter rechtfertigt allein der Umstand, dass eine Abmahnung die Reaktion auf eine zuvor durch den Mitbewerber erfolgte Abmahnung ist, nicht die Annahme, dass die Gegenabmahnung unter sachfremdem Gesichtspunkten erfolgte.

Vor diesem Hintergrund stellte das Gericht klar, dass eine Gegenabmahnung nicht generell als rechtsmissbräuchlich angesehen werden kann.