Dienstag, 21. Juli 2009

Aktionen wie „Jeder 100. Einkauf gratis“ sind wettbewerbsrechtlich zulässig

Eine Werbeaktion, bei der zufällig ausgewählte Kunden ihren Einkauf gratis erhalten, kann wettbewerbsrechtlich zulässig sein.

Dies entschied der BGH in seinem Urteil vom 22.1.2009 (Az. I ZR 31/06) im Falle eines Supermarktes, der damit warb, dass in einem bestimmten Zeitraum jeder 100. Kunde seinen Einkauf gratis erhält. In diesem Zusammenhang stellte das Gericht fest, dass es sich bei einer derartigen Aktion nicht um eine – grundsätzlich rechtswidrige – Kopplung eines Gewinnspiels mit dem Verkauf einer Ware handelt, da der Kunde keinen gesonderten Preis gewinnen kann sondern der Supermarkt bei bestimmten Kunden lediglich auf den Kaufpreis verzichtet. Nach Ansicht der Richter besteht bei einer solchen Werbung auch nicht die Gefahr, dass die Kunden nicht mehr frei entscheiden, was und wie viel sie kaufen, sondern sich nur noch von der Chance leiten lassen, den Einkauf gratis zu erhalten. Gerade angesichts der erkennbar geringen Gewinnchance kann von einer solchen unsachlichen Beeinflussung der Kaufentscheidung in dem entschiedenen Fall nicht ausgegangen werden. Zumindest wird nach Ansicht des BGH durch die Chance eines Gratiseinkaufs „die Rationalität der Kaufentscheidung nicht völlig in den Hintergrund gedrängt“.

Damit zeigt sich einmal mehr, dass die Rechtsprechung bei der Beurteilung von Werbemaßnahmen verstärkt davon ausgeht, dass der Durchschnittsverbraucher durchaus mündig und aufgeklärt ist, um mit derartigen Gewinnanreizen umgehen zu können. Gerade im Werbebereich sind daher auch neue und innovative Marketingaktionen durchaus rechtlich umsetzbar, wobei sich hier schon bei der Entwicklung eine enge Zusammenarbeit mit einem rechtlichen Berater empfiehlt.

Montag, 20. Juli 2009

Zahlreiche Abmahnungen durch Kleingewerbetreibenden können rechtsmissbräuchlich sein

Mahnt ein Gewerbetreibender einen Mitbewerber in einem solchen Umfang ab, dass das Kostenrisiko dieser Abmahnungen erheblich höher ist, als der Umsatz des Abmahnenden, dann sind derartige Abmahnungen als rechtsmissbräuchlich anzusehen.

In dem vom LG Bochum mit Urteil vom 7.4.2009 (Az. I-12 O 20/09) entschiedenen Fall hatte ein nebenberuflicher Anbieter von Tiernahrung im Internet innerhalb eines Jahres 4 Abmahnungen durch seinen Anwalt aussprechen lassen. Angesichts eines Gesamt-Jahresumsatzes des Abmahnenden von unter € 2.500,00, ging das Landgericht davon aus, dass es bei den Abmahnungen nicht (nur) um die Ahndung wettbewerbswidriger Werbung ging, sondern in erster Linie um die Generierung von Rechtsanwaltskosten für den Anwalt. Für dieses Ergebnis sprach nach Ansicht der Richter auch, dass die gerügten Rechtsverstöße nicht so gravierend waren, dass sie den Geschäftsbetrieb des Abmahnenden unmittelbar gefährdet hätten. Schließlich war auch die Tatsache, dass ohne erkennbaren Grund ein weit vom Sitz des Abmahnenden entfernt ansässiger Anwalt beauftragt wurde, ein weiteres Indiz, dass die Abmahnungen durch sachfremde Motive motiviert waren.

Da ein wirtschaftlich denkender Unternehmer keine Abmahnungen in diesem Umfang hätte aussprechen lassen, sahen die Richter die Abmahnung als rechtsmissbräuchlich an und hoben eine bereits ergangene einstweilige Verfügung auf.

Nachdem wettbewerbsrechtliche Abmahnungen in der Vergangenheit immer häufiger weniger Mittel zu Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs waren, sondern teilweise, „Gelddruckmaschinen“ für Anwälte, ist dieses Urteil ein weiterer Schritt zur Unterbindung der rechtsmissbräuchlichen Nutzung von Abmahnungen. Bei Erhalt einer Abmahnung sollte daher nicht nur die Frage geprüft werden, ob tatsächlich ein wettbewerbswidriges Verhalten besteht. Es sollte stets auch geprüft werden, ob die Abmahnung möglicherweise unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs zurückgewiesen werden kann.

Informationspflichten bei Gutschein-Werbung

Übersendet ein Unternehmen im Rahmen einer Werbemaßnahme Gutscheine mit denen ein Preisnachlass beim Kauf der beworbenen Ware erlangt werden kann, so kann es an der erforderlichen Transparenz des Angebotes fehlen, wenn der Kunde keine Vorstellung davon hat, wie viel die beworbenen Produkte kosten, wie groß also der Preisnachlass ist.

In dem vom OLG Hamm mit Urteil vom 29.01.2009 (Az. 4 U 154/08) entschiedenen Fall hatte ein Anbieter von Treppenlifts mit einem 900 €-Gutschein geworben, der beim Neu-Kauf eines Treppenlifts einlösbar war. In der fraglichen Werbung waren zwar die Bedingungen für eine Einlösung, wie z.B. der Einlösezeitraum genannt. Dennoch erachteten die Richter die Gutscheinwerbung als wettbewerbswidrig, da die angesprochenen Verbraucher in der Regel keine Vorstellung haben, wie viel ein Treppenlift kostet, so dass ihnen jegliche Bezugsgröße fehlt, um den eigentlichen Wert des Preisnachlasses beurteilen zu können. Dass die Verbraucher die Informationen über den zu erwartenden Preis auf andere Weise ermitteln können, reicht dabei nicht aus.

Um eine klare und eindeutige Einschätzung des Preisnachlasses zu ermöglichen, ist daher aus Sicht des OLG Hamm die Angabe des Preises der beworbenen Ware zumindest der Größenordnung nach in der Werbung selbst erforderlich.

Hinsichtlich dieser Entscheidung ist jedoch zu beachten, dass diese unter anderem darauf beruht, dass es sich bei einem Treppenlift um ein Produkt handelt, mit dessen Preis der Verbraucher kaum vertraut sein wird. Bei anderen Waren (Autos, Küchen) kann dies durchaus anders aussehen, so dass beim Einsatz von Gutscheinen in der Werbung in jedem Einzelfall geprüft werden muss, welche inhaltlichen Anforderungen an die Werbung zu stellen sind.